Erzähler: Wie war es noch, zieht er sie oder sinkt sie hin? Was zählt, ist das Resultat. Und das heißt, Anna folgt Raoul in die faszinierende Welt der Utopie. Und – um gleich die Antwort vorweg zu nehmen – die Utopie lebt nicht nur in der Zukunft, sondern schon jetzt unter uns. Und das wie gesagt mitten in Berlin. In der Köpenicker Straße, auf der Demarkationslinie zwischen ehemals Ost und West,
Demarkationslinie. Ein bedrohliches Wort. Aber – in diesem Fall ein Schutz für alles was dort ungestört leibt und lebt. Oder, anders ausgedrückt, eine Mauer innerhalb der Mauer. Eingemauert, aber frei! In den Worten von Raoul: die Utopie, im Volksmund genannt Subkultur, von der Staatsmacht geschütztes raubeiniges Köpi, ein Biotop von Berliner Punks aus aller Welt – um des lieben Friedens Willen.
Hätte sich der Vater von Anna seine Prinzessin jemals dort, an diesem Ort einer grassierenden Anarchie vorgestellt? Als ein Punk mit stiftförmigen, bunten Nadeln als Haarpracht? Mit gepiercten Lippen, schwarz übermalt? Mit einer Stimme, die den Flirt mit den Abgründen der Nacht erahnen lässt? Nein, nicht in Papas haltlosesten Albträumen.
Weil Utopie kein Teil der Wirklichkeit zu sein scheint, kommt sie selbst in der schwarzen Fantasie der Väter von Töchtern nicht vor. Papa hatte keine Chance zu ahnen, wie schlimm es um seine Tochter steht.
Aber wir. Wir sind Zeugen der neuen Realität des Samba der Utopie, in der alles geht, in der alles möglich ist, mit der aber auch die Verpflichtung kommt, die neugewonnenen Freiheiten erst einmal für sich zu reklamieren. Aber wir wollen dem Geschehen nicht vorgreifen.
Tom tritt auf, ein eindrucksvoller Punk, und singt den Song:
What you see is what you get
Ich bin halt so
was du siehst ist was du kriegst
ich bin halt so
ich leb im heute
und ich leb, wie ich es mag
ich bin halt so
auch an meinem letzten Tag
Ich schau nicht zurück und bereue.
Nur die andern, sie tun mir leid ://
Die, die ihr Leben verschwenden
an Geld und Eitelkeit
die ihre Herzen verbrennen
In Aufstieg, Fall und Neid
ich selbst wollt niemals mehr
als der liebe Tag mir gab
denn was dir von all dem bleibt
ist der Strauß auf deinem Grab
mal Picasso, mal Inkasso,
mal Espresso, mal Palhaco
mal Gedicht und manchmal Streit
manchmal eilig manchmal Zeit
manchmal traut und manchmal laut
mal befremdlich mal vertraut
manchmal eng und manchmal weit
immer da und stets bereit